Jakob Wassermann
»Mein Weg als Deutscher und Jude«
Nachwort von Rudolf Wolff
176 Seiten – Preis 13,95 €
ISBN 978-3-86672-056-5
Er hätte es sich einfacher machen und den Weg des geringeren Widerstands wählen, den (getauften) Ausnahmejuden und gefeierten deutschen Star-Schriftsteller spielen können…
Sein Gesicht hätte es ihm leicht gemacht. Immer wieder begegnete er in seinem Leben Menschen, die sein Bekenntnis zu seiner jüdischen Herkunft in größtes Erstaunen versetzte. Jakob Wassermann sah nicht so aus, wie man sich den Juden vorstellte und wie der Jude später verzerrend im »Stürmer« dargestellt wurde. Er war blond und wirkte urdeutsch, germanisch, »arisch«.
Für Antisemiten blieb er ein unerklärliches Phänomen.
Jakob Wassermann begriff sich als einen humanistischen Seismographen, der, hochsensibel auf jedes neue Anrollen antisemitischer Hetzwellen reagierend, als ein sprachgewandter, wortmächtiger Betroffener für Millionen stumme Mitbetroffene die Stimme erhob. Er betrachtete sein eigenes Leben als eine exemplarische Fallstudie.
Was er am eigenen Leib gespürt, was er an Kränkungen und Enttäuschungen, Zurücksetzungen und Ungerechtigkeiten erfahren hatte, archivierte er sorgfältig in seinem Gedächtnis. Er ließ sich nicht durch seinen Erfolg korrumpieren. Zu keinem Zeitpunkt vergaß er, woher er kam, was er war und was er durchlitten hatte.
Seine Autobiographie erfüllt nur einen einzigen Zweck: die Darstellung all dessen, was ein Mensch erlebt, der in eine jüdische Familie hineingeboren wurde und nicht mehr und nicht weniger vom Leben verlangt, als ungehindert seine Talente entwickeln und seine Fähigkeiten verwirklichen zu dürfen. – Keine überzogene Forderung, sollte man meinen.
Wassermann entschied sich bewußt gegen den Weg des geringsten Widerstandes. Hieraus erklärt sich auch seine strikte Weigerung, zum Christentum überzutreten – ein rein formeller Schritt, der ihn keinerlei religiöse Überwindung gekostet hätte. Denn ebenso wie ethnische, hielt er auch religiöse Abgrenzungen für unsinnig und inhuman. Ebenso, wie alle ethnischen Gruppen für ihn unter den großen Begriff »Menschen« fielen, sah er auch das Gemeinsame aller religiösen Glaubensgemeinschaften jenseits der unterschiedlichen Rituale und Praktiken. Das Verbindende, das allen Menschen Gemeinsame war ihm stärker und bedeutsamer als das oberflächlich-willkürlich Trennende.
Seine Empörung über den Antisemitismus war nur eine Chiffre für seine viel größere, für seine universelle Empörung über Borniertheit und Inhumanität, die er in den verschiedensten Gewändern und verborgen hinter den unterschiedlichsten Masken überall erblickte und beim Namen nannte. Was er implizit in seinen Romanen und Erzählungen anprangert, nämlich das menschenverachtende Prinzip der »Trägheit des Herzens«, wird in seiner Autobiographie Mein Weg als Deutscher und Jude zum explizit benannten Hauptthema.
alle Bilder: ADN-ZB/Archiv
Bücherverbrennung durch die Hitlerfaschisten am 10.5.1933 in Hochschulstädten Deutschlands.
Organisierte Vernichtung von Werken der Klassiker des Marxismus-Leninismus, der Führer der deutschen Arbeiterbewegung und Werke der deutschen National- und der Weltliteratur.
Die beschlagnahmtem Bücher werden auf einem Wagen gesammelt und zur Verbrennung auf den Opernplatz in Berlin gefahren.[/caption]