Bernd M. Kraske (Hrsg.)
»Werden Sie nicht berühmt …!«
Briefwechsel Thomas Mann und Harald Kohtz
112 Seiten – Preis: 10,95 €
ISBN 978-3-930730-19-3
Gleich zu Beginn des Abschlußbandes der Tagebücher Thomas Manns liest man unter dem Datum 01.01.1953: „Manuskript über das Décadence-Problem bei mir, von Kohtz, deutsche Ostzone, streng sozial-moralisch, aber nachsichtig.“ Und fünf Tage später: „Schrieb dem jungen Mann in Potsdam über sein Dekadenz-Manuskript.“
Eigentlich hätte man einen Hinweis auf Harald Kohtz in Thomas Manns Tagebuch schon früher vermuten dürfen, denn der nachfolgend abgedruckte Briefwechsel zwischen den beiden, aus so unterschiedlicher Position Schreibenden, zeigt, daß dieses kleine und zunächst sehr sporadische Gespräch zwischen dem Studenten der Germanistik und Anglistik an der Berliner Humboldt-Universität und dem Nobelpreisträger für Literatur bereits im Sommer 1951 begonnen wurde. Für Thomas Mann gewann die Person des jungen Korrespondenten wohl aber erst zu dem Zeitpunkt wirklich an Interesse, als er ein Exemplar der Kohtz’schen Staatsexamensarbeit in Händen hielt. Diese Arbeit, die Thomas Mann immer wieder fälschlicherweise als Dissertation bezeichnet, trägt den Titel „Das Problem der Dekadenz im Werk Thomas Manns“ und war eine der ersten wissenschaftlichen Arbeiten über Thomas Mann in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und wurde von Alfred Kantorowicz betreut. Der Autor untersucht darin u.a. die Rolle der Homoerotik bei Thomas Mann, ein Unterfangen, das zu Beginn der fünfziger Jahre als durchaus ungewöhnlich gelten konnte.
Harald Kohtz, am 11. Februar 1925 im westpreußischen Marienwerder geboren, war nach dem Zweiten Weltkrieg, den er als Marineobergefreiter in Griechenland erlebt hatte, aus jugoslawischer Kriegsgefangenschaft nach Potsdam verschlagen worden. Bereits im Gefangenenlager bei Celje entdeckte er seine Liebe und sein Talent fürs Theater, eine Leidenschaft, der er ein Leben lang treu bleiben sollte. So war der Entschluß, deutsche und englische Literatur und Theaterwissenschaften zu studieren, wohl naheliegend. Schon zu seiner Studienzeit hatte Harald Kohtz durch umfängliche Feuilletons und Beiträge u.a. für die renommierte Literaturzeitschrift „Sinn und Form“ auf sich aufmerksam gemacht. Der „junge deutsche Schriftsteller“, wie er sich in ironischer Selbstbespiegelung rückblickend nannte, pfegte freundschaftliche Kontakte zu Gleichgesinnten, von denen uns Heutigen insbesondere die Namen Horst Bienek, Günter Kunert, Heiner Müller und Christa Reinig vertraut sind