Bernd M. Kraskes Vortrag über das Alterswerk Fontanes

Bernd M. Kraske
»Das hohe Lied der Individualität.
Theodor Fontanes Alterswerk ›Der Stechlin‹«
48 Seiten – Preis 6,00 €
ISBN 978-3-86672-017-6

Wie begeht man den 100. Todestag einer berühmten Persönlichkeit? Was macht man aus diesem Anlass? Man erinnert, man ruft wach, man stellt die Frage nach der Aktualität, die von Werk und Aura des Großen ausgehen. Wenn dieser Große aber ein deutscher Dichter ist, Theodor Fontane heißt und aus Neuruppin stammt, so endet diese Frage nicht mit einem, sondern mit mehreren Fragezeichen. Man erinnert sich: Neuruppin – den Namen kannte man hierzulande beinahe ausschließlich noch als Geburtsort Theodor Fontanes, denn er gehörte bis zum Herbst 1989 zu jenem Teil Deutschlands, den zu besuchen und zu kennen uns schwer gemacht worden war und der weiter weg zu liegen schien als Paris, New York oder Tokio. Seit dem Fall der Mauer hat man auch in Neuruppin entdeckt, dass mit dem großen Sohn Geschäft zu machen ist. Otto Theel, der PDS–Bürgermeister von Neuruppin plante für die Wiederkehr des 100. Todestages im September, allein, er wusste nicht was. Gefeiert musste werden, das stand fest, Touristen mussten her, das belebt die Kasse, aber wie das Ganze veranstalten – Sendepause. Da gab es noch einen, Franz–Martin Heder mit Namen, pensionierter Berufssoldat und natürlich »Wessi«, der zu den Wurzeln seiner Ahnen nach Neuruppin zurückgekehrt ist. Dieser hatte ein Marketing–Konzept entwickelt und sich schnell den prominenten Namen – Theodor Fontane – durch das Patentamt schützen lassen. Wenn also die Geburtsstadt Neuruppin in Sachen Fontane tätig wurde, klingelte es in der Kasse von Herrn Heder. Streit war unvermeidbar. Es ging vorderhand zunächst um einen Schriftsteller, vielmehr aber noch, so scheint es, um alte Seilschaften und verschmähte Liebe und auch ein wenig um die deutsche Einheit. Da prallten zwei Welten aufeinander: hier die alte DDR mit ihrem »Neuen Deutschland«, dort das neue Deutschland mit seinem alten, hemdsärmeligen Profit– und Anspruchsdenken. Was das alles mit Theodor Fontane zu tun hat?

Bei Lichte besehen – wahrscheinlich gar nichts, und dennoch ist dies ein Stoff, der den alten Fontane interessiert haben würde, geht es doch um Altes und Neues, um abgestandene Formen und zukünftige Daseinsweisen.