Der Fontane Norwegens

Alexander Lange KiellandGeboren am 18. Februar 1849 in Stavanger
Gestorben am 6. April 1906 in Bergen

Kielland wurde, wie er nicht ohne Stolz immer wieder betonte, im Revolutionsjahr 1848 gezeugt. Dieser Tatsache maß er – augenzwinkernd – einige Bedeutung für seinen Lebenslauf zu. Er stammte aus einer alten Patrizierfamilie in Stavanger, einem der reichsten und kultiviertesten Handelshäuser Norwegens. Nach seinem Jurastudium wurde er mit 22 Jahren juristischer Referendar und schließlich für zehn Jahre Besitzer einer Ziegelei vor den Toren Stavangers. Gerade diese Lebensphase ermöglichte es Kielland, sich mit der Literatur zu beschäftigen; dabei beeindruckten ihn besonders die Werke von Kierkegaard und Heinrich Heine, aber auch mit Balzac, Zola und Dickens mußte er sich auseinandergesetzt haben. In diesen Jahren war es auch, daß er, der aus einem »Geschlecht wohlhabender Kaufleute« stammte, erstmals mit anderen Gesellschaftsschichten konfrontiert wurde, insbesondere mit den Armen und den Lohnarbeitern in seiner Ziegelei.

Die Berührung mit den Lebensbedingungen dieser Menschen und die Lektüre bürgerlicher Literatur mit sozialreformerischen Ansätzen haben den Nährboden für seine literarischen Ambitionen gelegt. Es bedurfte nur noch eines Anstoßes, der Kielland zum Schriftsteller werden lassen sollte. Diesen erhielt er ganz offenbar während eines längeren Aufenthalts in Paris, denn kurz nach seiner Rückkehr erschien bereits der erste Novellenband Kiellands.

Der Eindruck, den dieses Buch auf Leser und Kritik machte, war überwältigend: In kurzer Folge erschienen danach »Neue Kurzgeschichten« (1880), die Romane »Garman & Worse« und »Arbeiter« (beide ebenfalls 1880), die Erzählung »Else« (1881), die »zwei Kurzgeschichten aus Dänemark«, »Treu« und »Karen«, und der Roman »Schiffer Worse« (alle 1882). Seinen literarisch größten Erfolg erzielte Kielland schließlich mit der Roman-Trilogie »Abraham Lövdahl«, die zwischen 1883 und 1887 seine Stellung als gesellschaftskritischer Schriftsteller manifestierte und seinen Ruf, ein Klassiker der norwegischen Literatur zu sein, bis heute rechtfertigt.

Es ist auffallend, daß Kiellands Elan, der die treibende Kraft seines Schaffens gewesen war, allmählich nachließ. Das »Johannisfest« als dritter Teil der Lövdahl-Trilogie und in gewisser Weise auch der 1891 erschienene Roman »Jakob« haben zwar nach dem Erscheinen politische Diskussionen ausgelöst, aber die erhoffte literarische und politische Wirkung ist ausgeblieben, obgleich Kiellands Engagement in den beiden genannten Werken literarisch gereifter umgesetzt wird. Seine Zeitgenossen lehnten jedoch gerade diese beiden Romane ab; dem konnte sich Kielland nicht verschließen.

Die Tatsache, daß die Anfeindungen von seiten der Kritiker zunahmen, demoralisierte ihn schließlich und förderte Kiellands Entschluß, die Arbeit als Schriftsteller zu beenden.

Ab 1891 bewies er als Bürgermeister in seiner Geburtsstadt Stavanger, daß er seinen in allen Werken geäußerten Idealen treu geblieben war. Kielland galt als guter Beamter, dem Dogmen und Bürokratie ein Greuel waren. Zehn Jahre später wurde er Landrat in Romsdal.

Er starb mit 57 Jahren am 6. April 1906 in Bergen.