Über Gustav Falke

Jürgen Schwalm
Eine Jugend unter goldenen Türmen. Der Dichter Gustav Falke. Leben und Werk
48 Seiten – Preis 6,00 €
ISBN 978-3-86672-029-9

Im Leben finden und erkennen sich die Naturen, deren Intentionen übereinstimmen. Dann können sich Freundschaften ergeben, die alle Zeiten überdauern. Immer wieder hat Liliencron sich für seinen Falken eingesetzt, und Falke betonte die innovative Kraft Liliencrons etwa mit den launigen Versen:

Liliencron, der edle Ritter,
Fegte wie ein Lenzgewitter
Durch die teutsche Litratur.
Onkel, Tante, tief erschrocken,

Zerrten zitternd alle Glocken:
Herz, schütz unsre fromme Flur!

Auch von RICHARD DEHMEL (1863-1920) wurde Falke beeinflusst (treffender ausgedrückt: Dehmel versuchte, Falke zu verbessern, indem er ihn bekrittelte). Natürlich hat die Lyrik Falkes mit der von Liliencron viele Gemeinsamkeiten. Deshalb hat man Falke oft als Epigonen seines Dichterfreundes  eingestuft und ihn sogar als zweitrangigen Literaten bezeichnet. Der Brockhaus von 1906 führt Falke noch auf, im Brockhaus multimedial von 2004 ist er nicht mehr vertreten. Das ist schade. Denn inzwischen haben die Jahrzehnte doch manche Klärung und Läuterung des ursprünglichen Urteils erbracht. Es hat sich gezeigt, dass Falke in guten Stunden mit kleiner, bescheidener Feder, die sich nie groß gedünkt, die aber immer in Liebe und Zärtlichkeit und Dank getaucht war (Falke), Inspirationen fixierte, die sich auf Dauer durchgesetzt haben. Einem Dichter dürfte nichts Schöneres widerfahren als eben dieses Schicksal seiner Werke.

In den Jahren 1890-1905 schrieb Falke alle wesentlichen literarischen Arbeiten; danach variierte er nur noch seine Themen. Als er 1903 für seine Lyrik die Festgabe der Schillerstiftung erhalten hatte und ihm vom gleichen Jahr  an ein festes Gehalt in Höhe von 3000 Mark von der Stadt Hamburg bewilligt wurde, genoss er seinen temporär akut und heftig auflodernden Ruhm. Er baute seiner Anni und seinen der Kindern GERTRUD,URSULA und WALTER ein Häuschen in der Groß-Borsteler Brückwiesenstraße ( jetzt Stadtteil von Hamburg).

Er liebte seine Kinder sehr. Für sie und alle Kleingebliebenen versah er das Vogel- und Katzenbuch mit den entzückenden Tierzeichnungen des Hamburger Malers OTTO SPECKTER (1807-1871) mit Versen und stellte in En Handvull Appeln (1906) plattdeutsche Gedichtchen und Gebetchen zusammen, die er selbst als Rimels  bezeichnete. Damals lobte man darin die scharfe und liebevolle Beobachtungsgabe, den warmen Humor und den gesunden Realismus; heute würden wir sagen: diese Qualitäten, die sonst Falkes Lyrik in hohem Maß auszeichnen, finden wir gerade in den Kinderreimen nicht mehr; sie sind an Kinder gerichtet, die es heute nicht mehr gibt.

1906 wurde Bübchens Weihnachtstraum immerhin in der Vertonung von ENGELBERT HUMPERDINCK (1854-1921) im Zirkus Busch in Berlin aufgeführt. Das Lübecker Stadttheater hat es 2004 sogar gewagt, dieses melodramatische Krippenspiel für Schule und Haus in sein Weihnachtsrepertoire einzufügen, wobei die pathetischen Texte, die heute schon komisch wirken würden, grundlegend überarbeitet werden mussten .

Dass Falke sein Talent in allen literarischen Sparten einsetzte, war zweifellos der Versuch, seine Einnahmen zu verbessern. Falke ist für seine Vielseitigkeit nicht unbedingt zu loben.